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röntgen, hüfte

Einmal Lauenstein immer Lauenstein?

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Vorwort 

Die Wahl der zweiten Ebene bei der Hüfte ist entscheidend, um Komplikationen zu vermeiden und die bestmögliche Heilung zu gewährleisten.  

Eine der wichtigsten Entscheidungen im diagnostischen Prozess ist die Wahl der richtigen Röntgenaufnahmen – so auch bei der Hüfte. Die Hüfte nach Lauenstein oder nach Sven Johansson (auch axiale Hüfte genannt) ist jedem ein Begriff. In der Praxis ist zu beobachten, dass häufig nur noch die Lauenstein-Aufnahme gemacht wird. Warum ist das so und in welchen Situation ist diese Aufnahme kontraindiziert? Und worauf ist bei der jeweiligen Einstellung zu achten? In diesem Artikel werden die beiden unterschiedlichen Möglichkeiten der zweiten Ebene bei der Hüfte durchleuchtet. 

Warum stellen viele Kliniken oder Praxen nur noch die Lauenstein Aufnahme ein? 

In vielen Kliniken oder Praxen wird die Lauenstein-Aufnahme als zweite Ebene bevorzugt und als Standard bei allen Fragestellungen genutzt, da sie eine einfach durchzuführende und schnelle Methode ist. Sie hat auch den Vorteil, dass sie im Vergleich zur axialen Hüfte nach Sven Johansson mit weniger Strahlendosis verbunden ist. Und ja, es stimmt, die Durchführung der Sven Johansson-Aufnahme ist zeitaufwändiger, komplexer einzustellen und das Dosis-Flächen-Produkt (DFP) kann höher sein als bei der Lauenstein-Aufnahme. Dennoch gibt es klare Indikationen/Kontraindikation für die jeweiligen Varianten.  

Wann Lauenstein und wann Sven Johansson? 

Zur einfachen Übersicht der zu wählenden Varianten hier eine kurze Darstellung:  

Lauenstein  

Sven Johansson (axiale Hüfte) 

Degenerative Veränderungen 

Schenkelhalsfraktur 

Femurkopfnekrosen 

Acetabulumfraktur  

Präoperative Planung 

Erste Postoperative Kontrolle 

Hüftprothesen 

Patienten mit Bewegungseinschränkung 

 

Insbesondere bei Verdacht auf eine Schenkelhalsfraktur sollte Sven Johansson-Aufnahme als zweite Ebene unbedingt genutzt werden. Die Lauenstein-Aufnahme ist in diesem Fall nicht nur ungeeignet, sondern kann den Zustand des Patienten erheblich verschlimmern (Dislozierung des Bruchs) und in der Regel nur unter zusätzlichen Schmerzen durchgeführt werden. Die Sven Johansson-Aufnahme ist, bei sicherer Durchführung, eine schmerzärmere Methode, um das Hüftgelenk axial darzustellen, ohne das Risiko einer weiteren Dislokation oder Verschlechterung einer Fraktur. 

Hier ein Beispiel, wie eine Acetabulumfraktur durch die Lauenstein-Aufnahme verschlimmert wurde. 

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Bei Patienten mit Bewegungseinschränkung kann oftmals das Bein nicht um 45° nach außen gekippt werden auch das Anheben der Gegenseite ist teils nicht zielführend. Dann stößt die Lauenstein-Aufnahme an ihre Grenzen, wie nachfolgend zu sehen ist. 

Beispiele für diagnostisch unzureichende Lauenstein-Aufnahmen 

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   Da, wie oben beschrieben Sven Johansson weit weniger bekannt ist, wird hier das Vorgehen bei den häufigsten Indikationen eingegangen. 

A) Sven Johansson: Die richtige Vorgehensweise bei Verdacht auf eine Schenkelhalsfraktur 

Hüftübersicht ap Projektion mit Referenzkugel 

Bei einem Patienten mit einer Beinlängendifferenz besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Schenkelhalsfraktur oder eine Oberschenkelfraktur. Der erste diagnostische Schritt bei Verdacht auf eine Schenkelhalsfraktur ist die Anfertigung einer Hüftübersicht in anteroposteriorer (AP) Projektion unter Verwendung einer Referenzkugel.  

Die Referenzkugel muss dabei mindestens zur Hälfte im Bild abgebildet sein und mittig auf der Höhe des Femurknochens positioniert werden. 

Diese AP-Aufnahme dient als umfassende Übersicht und ermöglicht eine grundlegende Beurteilung der Hüftgelenke und des Femurs. Die Verwendung einer Referenzkugel ist hierbei essenziell, da sie präzise Messungen für die operative Planung des Femurkopfes erlaubt. Dies ist besonders wichtig, um die benötigten Implantatgrößen exakt zu bestimmen und die optimale Vorbereitung für den operativen Eingriff zu gewährleisten. 

Normalerweise werden die Beine aus der Hüfte nach innen gedreht (15° Innenrotation), um die femorale Antetorsion auszugleichen. Bei Verdacht auf eine Schenkelhalsfraktur sollte jedoch vorsichtig vorgegangen werden. Insbesondere bei Vorliegen von Schmerzen oder einer Beinlängendifferenz sollte von der Innenrotation abgesehen werden, um das Risiko einer Verschlimmerung der Verletzung zu minimieren. 

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 Bilder: Agata Epler , Einstelltechnik Hüftübersicht mit Referenzkugel und Röntgenbild mit OP der Einzeichnung für die Planung  

Bei Nachweis einer Fraktur in der Hüftübersicht sollte auf keinen Fall die Lauenstein-Aufnahme oder die modifizierte Mogel-Lauenstein-Aufnahme als zweite Ebene durchgeführt werden.  

Die für die Lauenstein-Aufnahme erforderliche Abduktion und Rotation des betroffenen Beins kann den Zustand des Patienten erheblich verschlimmern. Diese Bewegung kann zu einer weiteren Dislokation der Fraktur führen und ist zudem äußerst schmerzhaft für den Patienten. 

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Bilder: Agata Epler, Beispiel: Lauenstein Aufnahme Einblendung mit viel Oberschenkel z.B. wegen langer Hüft - TEP und Einblendung lediglich auf Hüfte. Erforderliche Lagerungsmittel – 45° Keil                                                       

Mogel-Lauenstein-Aufnahme: Dabei wird die nicht betroffene Seite des Patienten um 45° angehoben und das Bein nach außen rotiert. Diese Positionierung ist bei einer Schenkelhalsfraktur nicht geeignet, da sie schmerzhaft ist und zu einer weiteren Dislokation der Fraktur führen kann. 

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Bilder: Agata Epler,  Beispiel : „Mogel“ Lauenstein Aufnahme 

Axiale Hüfte alias Sven Johansson-Aufnahme als zweite Ebene 

Die Sven Johansson-Aufnahme bietet die nötige Alternative für eine zweite Ebene. Sie ermöglicht eine axiale Projektion des Hüftgelenks, ohne die Notwendigkeit, das betroffene Bein zu bewegen. Der Patient liegt in Rückenlage, wobei das nicht betroffene Bein angewinkelt und angehoben wird. Das betroffene Bein bleibt ausgestreckt. Der Detektor / Wandstativ und die Röntgenröhre sind im 45° Winkels zur Hüfte gerichtet. Diese Einstelltechnik minimiert Schmerzen und das Risiko einer Verschlimmerung der Fraktur erheblich. 

Es ist wichtig zu beachten, dass auch das Anheben des gesunden Beins für die axiale Einstellung nach Sven Johansson für einige Patienten herausfordernd sein kann. Der Patient muss in der Lage sein, das nicht zu untersuchende Bein selbst hochzuhalten, indem er es mit beiden Händen in der Kniekehle festhält oder indem ein Hilfsmittel wie eine Knierolle verwendet wird, um das Halten zu unterstützen. Im Idealfall wird auf eine dedizierte Lagerungshilfe zurückgegriffen, die Stabilität bietet, röntgendurchlässig ist und in der geeigneten Höhe eingestellt werden kann. Das Beinhaltegerät von Pearl Technology AG entspricht diesen Anforderungen.

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Bilder: Agata Epler – Beispiel Hilfsmittel und Lagerungsmittel für die axiale Hüfte nach Sven Johansson 

Wackelige oder instabile Lagerungsmittel erhöhen bei der Sven Johansson-Aufnahme das Risiko einer weiteren Verschlechterung der Fraktur durch abruptes Abrutschen aus der Position.  

B) Sven Johansson: Die richtige Vorgehensweise bei postoperativer Kontrolle 

Postoperative Kontrolle 

Auch bei der ersten postoperativen Kontrolle sollten die Lauenstein- oder modifizierte Schrägaufnahme vermieden werden. Solange der Patient noch nicht mobilisiert ist, sollte auch hier die Sven Johansson-Aufnahme als zweite Ebene genutzt werden. Die erste Ebene ist die anteroposteriore (AP) Hüftübersicht, die sich hervorragend dazu eignet, die Länge des Implantats und die obere Begrenzung zu markieren. Dies erleichtert die Einstelltechnik der zweiten Ebene erheblich. Die Verwendung einer Referenzkugel bei der Hüftübersichtsaufnahme kann auch bei der postoperativen Kontrolle hilfreich sein, muss jedoch nicht zwingend erfolgen. Dennoch gilt hier das Motto: „Lieber haben als brauchen.“ 

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Bilder: Agata Epler, post OP Kontrolle Hüftübersicht ohne Skalierkugel und axiale Hüfte nach Sven Johannson 

Die Sven Johansson-Aufnahme ermöglicht eine axiale Projektion des Hüftgelenks, ohne das betroffene Bein zu bewegen, was für eine schmerzfreie und sichere postoperative Kontrolle entscheidend ist. Durch die Wahl der Sven Johansson -Aufnahme lassen sich zuverlässiger geeigneten Aufnahmen erstellen und unzureichende Ergebnisse wie nachfolgend aufgeführt vermeiden. 

Erster postoperativer Tag: Kontrolle mit Redon-Drainage. 

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Bei dem Versuch, eine Lauenstein-Aufnahme einzustellen, konnte das Bein aufgrund starker Schmerzen nicht ausreichend nach außen gedreht werden, wodurch die Aufnahme als zweite Ebene nicht geeignet ist. 

Sven Johansson-Aufnahme: Was gibt es zu beachten? 

Wie bereits erwähnt, es stimmt, dass die Durchführung der axialen Hüfte zeitaufwändiger ist, komplexer einzustellen und das Dosis-Flächen-Produkt (DFP) höher sein kann als bei der Lauenstein-Aufnahme. Oft sind jedoch eine unzureichende Einstelltechnik oder Belichtung die Ursache unzureichender Sven Johansson Aufnahmen. Um diagnostisch verwertbare Ergebnisse zu erzielen, ist es entscheidend, die Sven Johansson-Aufnahme korrekt einzustellen, zu lagern und zu belichten. 

 

Beispiele für diagnostisch unzureichende Sven Johansson-Aufnahmen 

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Bei der Verwendung von Belichtungsautomatik reicht die Belichtungsdauer häufig nicht aus, um den Schenkelhals und das Acetabulum ausreichend darzustellen. Dies liegt daran, dass die Messkammer auf dem Femur und den Weichteilen positioniert wird. Daher ist eine freie Belichtung zu bevorzugen. Als Tipp für die Sven Johansson Aufnahme: Um die Dickenunterschiede auszugleichen, kann ein Reismehlsack (KEIN Sandsack!) am Oberschenkel positioniert werden und frei belichtet werden. Für einen mobilen Detektor mit virtuellem Raster empfehlen sich 75-85 kV und 16-24 mAs, während am Rasterwandstativ 75-85 kV und 20-50 mAs verwendet werden sollten. 

1. Beispiel der potenziellen Fehlerquellen: 

Der Verdacht einer Fraktur wird durch die AP-Aufnahme bestätigt. Dabei ist sicherzustellen, dass eine Referenzkugel korrekt verwendet und eine Hüftübersichtsaufnahme angemeldet und durchgeführt wurde. Im vorliegenden Beispiel wurde jedoch fälschlicherweise eine Beckenübersicht angemeldet, obwohl für die Operationsplanung eine Hüftübersichtsaufnahme erforderlich gewesen wäre.

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2. Beispiel der potenziellen Fehlerquellen: 

In der AP-Hüftübersicht fehlt die Referenzkugel, die für die Operationsplanung erforderlich wäre.  

Auch hier ist die ap Aufnahme entscheidend, um zu bestimmen, welche zweite Ebene eingestellt werden sollte. Bei einer Schenkelhalsfraktur sollte daher, wie in diesem Beispiel, eine axiale Hüfte nach Sven-Johansson eingestellt werden. Voraussetzung ist, dass das gesunde Bein stabil im 90°-Winkel hochgelagert wird. Der Patient kann das Bein entweder selbst mit beiden Händen in der Kniekehle halten oder es werden geeignete Hilfsmittel verwendet, um diese Position sicher zu halten. 

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Fazit 

Die richtige Wahl der Einstelltechnik ist Grundvoraussetzung für eine sorgfältige und schmerzfreie Diagnostik und der erste Schritt zu einer erfolgreichen Behandlung und Heilung.  

Um bei Verdacht auf eine Schenkelhalsfraktur oder Acetabulumfraktur Komplikationen zu vermeiden und eine optimale Heilung zu gewährleisten, ist die Sven Johansson die geeignete Variante für die zweite Ebene. Es ist ein Irrglaube, dass sie schmerzhafter ist und die Fraktur verschlimmert. Tatsächlich ist sie für den Patienten wesentlich weniger schmerzhaft. Die Lauenstein-Aufnahme ist für den Patienten schmerzhafter, kann die Fraktur weiter dislozieren und ist daher kontraindiziert. 

Auch postoperativ sollte die Sven Johansson-Aufnahme bevorzugt werden, bis der Patient mobilisiert ist.

Für eine erfolgreiche Sven Johansson-Aufnahme sollte der Patient das nicht zu untersuchende Bein sicher hochhalten können oder ein geeignetes Lagerungsmittel zur Stütze des Beins verwendet werden. Bei der Wahl geeigneter Hilfsmittel ist darauf zu achten, dass diese Stabilität bietet, auf die passende Höhe eingestellt werden kann und röntgendurchlässig ist. 

 


Agata EplerAgata Epler, Expertin Röntgen Einstelltechnik – Dozentin – Alles Einstellungssache  

Einstelltechnik-Kurs: optimale Lagerung und Belichtung der Sven Johansson-Aufnahme: alleseinstellungssache.com