In Mosambik ist es als MTR gewiss anders als in der Schweiz. Kerstin Koller, MTR, erzählt von ihren Erfahrungen die sie bei ihrer Arbeit in Südostafrika bisher sammeln konnte.Mosambik ist ein wunderschönes und faszinierendes Land an der Südostküste Afrikas. Es grenzt im Norden an Tansania, im Süden und Westen an Südafrika, Sambia und Malawi sowie im Osten and den indischen Ozean. Mosambik hat eine reiche und vielfältige Kulturgeschickte, die von afrikanischen, arabischen und europäischen Einflüssen geprägt ist. Die Portugiesen haben das Land während der Kolonialzeit beherrscht, was sich in der Sprache, der Architektur und der Küche des Landes widerspiegelt. Mosambik ist auch für seine atemberaubende Natur bekannt.
Trotz der reichen Naturressourcen ist Mosambik eines der ärmsten Länder der Welt. Die Mehrheit der Bevölkerung lebt in Armut und kämpft täglich ums Überleben. Das Land ist auch von Naturkatastrophen wie Überschwemmungen und Dürren betroffen, die die wirtschaftliche Situation des Landes verschlimmern.
In diesem Interview werden wir einige der Herausforderungen diskutieren, vor denen Mosambik steht, aber auch die Schönheit und Kultur des Landes näher kennenlernen.
Kerstin, bevor du was von deinem Abenteuer erzählst möchten wir wissen wieso du dich für den Beruf als Radiologiefachperson entschieden hast?
Wie viele andere Menschen da draussen, war ich mir auch nicht bewusst, dass es den Beruf als Radiologiefachperson gibt. Doch dank eines Bekannten bin ich in der Radiologie schnuppern gegangen und hab mich sofort in diesen Job verliebt und seither ist dies meine Berufung.
Jetzt lebst du deine Berufung im Auslandseinsatz in Mosambik aus. Was hat dich dazu motiviert?
Ich war schon immer eine Person, die bevorzugt Gutes zu bewirken, statt einfach nur Geld zu verdienen und diese Erfahrungen hier in Mozambik sind so erfüllend, dass sie mit keinem Geld der Welt bezahlt werden könnte. Zufälligerweise bin ich nach meiner Ausbildung über die Hilfsorganisation “Doctors for Life” gestolpert und habe das Entwicklungsprojekt in Mosambik gesehen, dessen Ziel es war den Zugang zur Gesundheitsversorgung in unterversorgten Gegenden zu verbessern. Weil sie aber zu diesem Zeitpunkt noch keine Bildgebungsgeräte der Radiologie hatte, konnte ich nicht direkt loslegen.
Vor drei Jahre kontaktierte mich dann das Hilfswerk und informierte mich über die Möglichkeit eine Radiologie-Abteilung in Mosambik aufbauen zu können und so ging mein Abenteuer los.
Was waren deine ersten Eindrücke von Mosambik?
Die Bevölkerung von Mosambik lebt sehr einfach und bescheiden, da es nicht viele Arbeitsmöglichkeiten im Land gibt. Die hohe Luftfeuchtigkeit gepaart mit der Temperatur, macht es auch nicht gerade einfach für die Menschen, sich vom eigenen Garten zu ernähren. Weswegen viele auch nach Südafrika gehen, um ein wenig Geld zu verdienen.
Die "Stadt" in Mosambik ist auch nicht wirklich eine Stadt, wie wir sie in Europa kennen. Von der Infrastruktur her kann man von aussen gar nicht erkennen, ob es jetzt ein Haus oder ein Geschäft ist. Wenn man demnach neu in der Stadt ist, hat man Schwierigkeiten sich zurecht zu finden.
Und wie kann man sich ein Krankenhaus in Mosambik vorstellen?
Es gibt nicht wirklich Krankenhäuser in Mosambik, wie wir es in Europa kennen. Krankenhäuser hier sind mehrere kleine Häuser in der Grösse einer Sporthalle mit 4-6 Räumen. Jedes dieser Häuser ist vergleichbar mit einer Abteilung in den europäischen Spitälern. Beispielsweise ist in einem Haus nur die Wundversorgung und in der anderen die Bettenstation mit 20-30 Betten pro Raum.
Was waren deine Hauptaufgaben als Radiologiefachperson vor Ort?
Meine erste Aufgabe vor Ort war der Bau einer Radiologie-Abteilung. Hierfür musste ich zuerst die Ärzte von meinem Bauplan der Radiologie-Abteilung überzeugen. Anschliessend bastelten wir uns eine Röntgenschutzwand aus Blei, die für das klassische Röntgen eingesetzt wurde. Nebst dem Bau der Radiologie-Abteilung habe ich auch sehr viel in der Wundversorgung gearbeitet, da es viele gibt, die wegen mangelnder Hygiene Abszesse haben.
Welche Art von Röntgengerät ist im Einsatz?
Das Röntgengerät, das im Einsatz ist, ist das DRGem Jade Portable X-ray System. Es verfügt über eine Leistung von 4 kW und eine Frequenz von 100 kHz. Das Gerät kann eine maximale Spannung von 140 kVp und eine Stromstärke von 0,1 bis 250 mAs erzeugen. Demnach ist das schwache Gerät nicht für alle Untersuchungen gemacht und kann nicht immer die besten Bilder wiedergeben. Dafür ermöglicht das tragbare Design des Jade-Systems , schnell und einfach Röntgenaufnahmen an verschiedenen Orten durchzuführen, was es zu einem praktischen Gerät für den Einsatz in der medizinischen Bildgebung in Mosambik macht.
Was waren die Schwierigkeiten welche du dort als Radiologiefachperson erlebt hast?
Die erste Herausforderung, mit der ich konfrontiert wurde, war der Sand. Überall war Sand, welches die Wundversorgung um einiges erschwerte. Nebst dem Sand waren auch die Hitze und die hohe Luftfeuchtigkeit, nicht optimal für das Röntgengerät. Nach dem Austausch mit einem Röntgentechniker aus der Schweiz, habe ich seine Empfehlungen befolgt und den Raum in der das Röntgengerät war komplett abgedichtet. Ein Entfeuchter hält die Luftfeuchtigkeit jetzt bei 35-40%.
Auch die Stromversorgung ist nicht stabil. Aber ich bin oft dankbar, dass wir nicht einen halben Tag mit Stromausfällen zu kämpfen haben wie in Südafrika. Hierzulande fällt der Strom nur aus, wenn ein Baum wegen des Sturmes oder wegen Termiten umfällt und die Leitung kappt. Für solche Fälle haben wir auch einen Dieselgenerator, der uns bei Notfällen mit Strom versorgt.
Gab es auch Schwierigkeiten mit der Kommunikation, da die Landessprache Mosambiks Portugiesisch ist?
Obwohl die Landessprache Portugiesisch ist, reden viele, vor allem die Älteren und die Kinder in meiner Region Chopi, welches sich völlig von Portugiesisch unterscheidet. Aus diesem Grund habe ich auch Dolmetscher, die sich in den verschiedenen Sprachen Mosambiks verständigen können, um mir bei Anweisungen, wie beispielsweise Atemkommandos zu helfen. Glücklicherweise muss man hierzulande auch nicht zuerst, das Vertrauen mit den Patienten aufbauen – Sie hören meistens auf meine Anweisungen.
Insgesamt denke ich, dass die Sprachvielfalt in Mosambik eine Herausforderung darstellt, aber ich bin bereit, mich anzupassen und meine Fähigkeiten zu verbessern, um die bestmögliche medizinische Versorgung zu gewährleisten.
Welches sind die klassischen Fälle, welche du als Radiologiefachperson in Mosambik untersuchst?
Die gängigsten Untersuchungen sind Frakturen. Ich vermute das liegt an der mangelnden Ernährung. Denn schon das kleinste Stolpern reicht oft aus für eine Haarriss-Fraktur. Selten machen wir auch Thorax Untersuchungen, da ich mit dem Röntgengerät die Feinstrukturen nicht wirklich erkennen kann. Wegen des schwachen Röntgengeräts sind auch Becken- und Hüft-Axial-Untersuchungen schwierig. Man kann bei der Diagnose nichts zu 100% ausschliessen.
Welches Gerät fehlt dir in Mosambik, um die Gesundheitsversorgung auf die nächste Stufe zu bringen?
Da ich hier viel mit dem Röntgengerät arbeite, würde ich mir ein leistungsstarkes Gerät wünschen, damit ich auch bessere Bilder machen kann und um die Feinstrukturen zu erkennen. Aber viel wichtiger als ein leistungsstarkes Röntgengerät, wäre ein kleines Labor. Denn zu oft wird hier nur spekuliert. Mit einem Labor würde man das Problem von Eisenmangel oder irgendwelche Entzündungswerte sofort erkennen und entsprechende Vorkehrungen treffen. So wäre es auch einfacher, die richtigen Schritte einzuleiten und das richtige Medikament zu finden, um die Chance auf Heilung weiter zu erhöhen.
Nebst den Untersuchungen gehört auch die Wundbehandlung zu deinen Aufgabengebieten in Mosambik. Was sind die beeindruckendsten Erfahrungen/Erlebnisse, die du bisher dort gemacht hast?
Es gibt verschiedenes, was man hier erlebt. Was ich aber vor allem erschreckend finde, ist die Tatsache, dass die Menschen zu gelassen und zu ruhig sind und vieles nicht so ernst nehmen. Zum Beispiel hat ein kleines Mädchen bei der Arbeit ihren Finger abgehackt und er hing nur noch an einer Seite der Haut fest. Für sie war der Vorfall aber keine grosse Sache, da sie erst zwei Tage später die Klinik aufsuchte, um die Wunde zu behandeln.
Um dich und Doctors for Life zu unterstützen, haben wir dir einige Lagerungshilfen geschickt. Wie halten sie sich nun nach einem halben Jahr bei hoher Luftfeuchtigkeit, Hitze und Sand?
Die Kissen funktionieren einwandfrei und die Oberfläche ist auch noch in Takt. Die ProFoam Keile brauche ich nicht nur für das Röntgen, sondern auch bei der Wundversorgung. Dank den ProFoam Keilen muss ich bei der Lagerung nun nicht mehr improvisieren und beispielsweise auf Abfalleimer zurückgreifen. Auch das Abwischen von Körperflüssigkeiten geht viel leichter.
Mit der Gesundheitseinrichtung, versucht ihr in Mosambik die Gesundheitsversorgung zu verbessern. Wie versucht ihr die Gesundheit der Menschen im Allgemeinen zu verbessern?
Wir versuchen mittlerweile in die umliegenden Gemeinden" zu gehen und den Bewohnern Empfehlungen für die persönliche Hygiene zu geben. Hierbei geht es darum, dass sie ihre Hygiene im privaten Alltag mit Kleinigkeiten, wie das tägliche Zähneputzen, Verwendung von Seife und das Kochen der Kleider, verbessern. Das Problem ist auch, dass sie nicht die Hygiene und die Gesundheit priorisieren. Deswegen müssen wir ihnen auch beibringen, dass sie besser eine Zahnbürste, statt ein neues Kleid kaufen sollten. "Ich habe das Gefühl, hier weiss niemand wie lange er wirklich lebt und dementsprechend lebt er wirklich nur für den nächsten Tag".
Wie hat dich die Zeit in Mosambik persönlich beeinflusst?
Ich habe vieles über mich selber lernen können. Auch kann ich jetzt mehr Geduld aufbringen und dem Gegenüber mehr entgegenkommen als zuvor. Es ist eine grosse Lehre in vielen Dingen. Vieles was ich für wichtig erachtet habe, scheint gar nicht mehr so wichtig zu sein. Im Grossen und Ganzen kann man viel von Mosambik lernen und Mosambik hat auch noch viel von Europa zu lernen.
Auch hoffe ich, dass die eine oder der andere mich besuchen kommt. Denn man hat keine Ahnung wie Mosambik wirklich ist, bis man einmal hier war. Es ist einerseits ein Kulturschock und andererseits ist es einfach überwältigend schön.
ÜBER Doctors for Life
Doctors For Life International (DFL) ist eine gemeinnützige Gesellschaft, die 1991 in Südafrika gegründet und etabliert wurde. Langfristiges Ziel von Doctors for Life ist es, in ressourcenarmen Ländern in Afrika südlich der Sahara ständige medizinische Kliniken zu errichten. Derzeit betreibt Doctors for Life zwei Kliniken, eine in Mosambik und die andere in Malawi. http://www.doctorsforlife.co.za